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Sudan 2007


Sudan

 Teil 1: Zwischen Bürokratie und Pyramiden

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Moschee in Khartum28. März 2007
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Thomas hat angerufen und gefragt, ob ich noch immer einen Partner für meine Reise in den Sudan suche - wenn ja, er wäre dabei ! Ich bin ehrlich überrascht - hatte eigentlich schon nicht mehr damit gerechnet, einen Begleiter für dieses Reiseziel zu finden. Leider hat die Sache einen Haken: Thomas bekommt nur Mitte / Ende April Urlaub - das bedeutet weniger als zwei Wochen Zeit für alle notwendigen Reisevorbereitungen ... das wird verflixt knapp !

29. März - 10. April 2007
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Wir versuchen in Windeseile alles Notwendige zu organisieren: die Flugtickets, die Visa, aktuelles Informationsmaterial, Landkarten. Das Flugticket stellt sich als das geringste Problem heraus - von Frankfurt/M. via Kairo nach Khartum und zurück mit EgyptAir für runde 400 EUR, das ist günstiger als wir dachten. Im Regierungsviertel von KhartumReisetermin: 12. bis 29. April 2007. Der Eilantrag für die Visa mitsamt den Reisepässen und 80 EUR Bearbeitungsgebühr verschwinden derweil auf dem Postweg - das hat gerade noch gefehlt ! Eine nach zahllosen Telefongesprächen eingeleitete Suchaktion bringt in letzter Sekunde Erfolg - die Pässe tauchen wieder auf - zwei Tage vor dem Abflug ! Wenigstens reagiert die Sudanesische Botschaft sehr schnell. Die parallel gestartete Recherche nach Informationsmaterial über den Sudan bringt erschreckend wenig: Weder in Papierform noch im Internet gibt es nennenswerte, geschweige denn aktuelle Mitteilungen über das Land. Ich versuche aus dem Wenigen selbst eine Art Abendstimmung über dem NilReiseführer zusammenzustellen. (Die meistens Informationen stammen von Berichten lange zurückliegender archäologischer Expeditionen.)

11. April 2007  (Mi)
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Nur noch ein Tag bis zum Abreisetermin ! Ich werfe wie so oft in den letzten Tagen einen bangen Blick in den Briefkasten und kann es heuer kaum fassen: Sowohl die Flugtickets als auch die visierten Pässe sind eingetroffen. Benachrichtige sofort Thomas - allerhöchste Zeit, die Rucksäcke zu packen !

Markttreiben am Souq al-Arabi12. April 2007  (Do)
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Das Abenteuer beginnt: Treffe mich mit Thomas am Flughafen Frankfurt/M. - Abflug Richtung Afrika (Flugdauer: 7 Stunden plus 6½ Stunden Aufenthalt in Kairo - für einen kurzen Abstecher zu den Pyramiden von Gizeh reicht die Zeit leider nicht aus)

13. April 2007  (Fr)
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Unsere Maschine landet kurz nach Sonnenaufgang in Khartum. Die Einreiseformalitäten sind erfreulicherweise schnell erledigt; Straßenszene in Khartumdafür erwartet uns eine böse Überraschung an der Gepäckrückgabe: Thomas‘ Kraxe sieht arg ramponiert aus. Das Aluminiumgestell ist gebrochen - wir können den Schaden nur sehr notdürftig mit Hilfe eines Lederriemens ausbessern. Bin sehr skeptisch, ob das Teil die vor uns liegenden Strapazen überstehen wird.
Der erste Schritt aus dem Flughafengebäude ist wie ein Schlag mit dem Dampfhammer: Trotz der morgendlichen Stunde brennt die Sonne schon tropisch heiß vom Himmel. 34°C zeigt das Thermometer meiner Armbanduhr. Ungeachtet der Hitze ignorieren wir die teuren Flughafentaxis und ziehen einen Fußmarsch zur Hauptstraße Das „Damah Hotel” mit Waschbecken auf dem Balkonund die Benutzung eines der zahlreichen und preiswerten Sammeltaxis Richtung Stadtzentrum vor.
Die Suche nach einer Unterkunft ist überaus ernüchternd: Das erste, vom Fahrer des Sammeltaxis als preiswert empfohlene Hotel in Zentrumsnähe ist eine üble Kloake - ein paar schmutzige, von Kakerlaken bevölkerte Zimmer mit stinkender Außentoilette in einem hässlichen vermüllten Hinterhof. (Unsere Ansprüche sind alles andere als hoch angesetzt, doch irgendwo gibt es eine Schmerzgrenze !) Um mit dem schweren Gepäck nicht ziellos durch die beharrlich zunehmende Sonnenglut streifen zu müssen, teilen wir uns. Thomas bleibt mit der Ausrüstung im Schatten einer Hofeinfahrt; ich begebe mich auf die Suche nach einer halbwegs passablen Unterkunft. Erfreulicherweise muss ich nicht allzu weit gehen, um andere Hotels zu finden. Allerdings stellt es sich als schwierig heraus, ein gleichzeitig preiswertes und halbwegs sauberes Quartier zu bekommen. Letztlich mieten wir uns im „Damah Hotel” in der Sharia Malik ein. Lehmziegelgebäude auf Tuti-IslandDas Zimmer ist mit 25 US$ nicht gerade billig, hat aber immerhin ein eigenes WC und eine winzige Dusche. (Das Waschbecken befindet sich - kein Witz ! - auf dem Balkon !)
Den Rest des Tages nutzen wir für erste Exkursionen durch Khartum: für einen Bummel durch das unglaubliche Gewimmel (das treffendere Wort wäre wohl Chaos), welches Tausende von Passanten, Hunderte „Fliegender Händler” und mehrere Dutzend dauerhupender Minibusse am Souq al-Arabi, dem zentralen Platz vor der großen Al-Kabir-Moschee erzeugen; Das Grab des Mahdi in Omdurmanein erster Gang zur Sharia al-Nil - der nach dem lautstarken Markttreiben am Souq erholsam ruhigen Uferpromenade am Nil; einer Bootsfahrt zur sehr ländlich wirkenden Nil-Insel „Tuti” (die Sonne hat den Zenit inzwischen überschritten und das Thermometer zeigt kaum noch erträgliche 46°C an !) und schließlich sogar noch eine Fahrt mit dem Sammeltaxi, vorbei am Zusammenfluss des Blauen und des Weißen Nils, nach Omdurman, der Nachbarstadt Khartums, dem Zentrum des Mahdi-Kults.

14. / 15. April 2007  (Sa / So)
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Einen Gutteil unserer Zeit in Khartum müssen wir der Suche nach diversen Behörden opfern. Eine ganze Liste gilt es abzuarbeiten, angefangen von der Meldestelle für Ausländer Sehr schwer zu finden: die Ausländer-Meldestellebis hin zum Tourismus-Ministerium, wo wir eine Fotogenehmigungen zu erhalten hoffen. (Wirklich erstaunlich dabei ist, dass es ein solches Ministerium überhaupt gibt - in einem Land, welches praktisch frei von jeder Art nennenswertem Tourismus ist !) Natürlich befindet sich kein einziges der benötigten Ämter an der uns von der Sudanesischen Botschaft in Deutschland benannten Adresse. Ziemlich erfolglos versuchen wir uns durch die zahllosen Verwaltungsgebäude Khartums durchzufragen, legen im Zuge einer kleinen Odyssee Dutzende Kilometer zu Fuß und noch viele mehr in Bussen und Taxis zurück, um schließlich und endlich eine unscheinbare Baracke mit einer verbeulten Blechtafel „Aliens Registeration Office” Formulare, Stempel, Gebühren - Bürokratie im Sudanund drei Plastikstühlen vor dem Eingang in einer namenlosen Nebenstraße der Sharia Ali Abdul Latif (zwei Straßenecken südlich der schwer bewachten und verbarrikadierten US-Botschaft) zu finden. Eine lange Warteschlange davor lässt uns Böses ahnen ...
Schneller als erwartet kommen wir an die Reihe - aber nur um (gegen eine Gebühr von 10 Dinar) zwei Formblätter in die Hand gedrückt zu bekommen, mit der Aufforderung, selbige auszufüllen. Danach heißt es erneut warten. Immerhin bekommen wir nun Plätze im schmalen Korridor im Innern der Baracke angeboten. Die Gefahr, langsam aber stetig von der beinah senkrecht stehenden Sonne gegrillt zu werden, Auf der Postscheint damit vorerst gebannt. Eine knappe Stunde später kommen wir wieder an die Reihe - nur um zu erfahren, dass wir Kopien unserer Pässe benötigen. Ein Copyshop befindet sich zum Glück gleich nebenan. Mit den Kopien in der Hand stürmen wir - die Warteschlange diesmal ignorierend - kurz darauf ein drittes Mal die Amtsräume. Minuten später stehen wir wieder draußen - frustriert und ein wenig ratlos: Irgendein Schreiben unseres Hotels fehlt den Beamten noch - verdammte Bürokratie !
Während Thomas die Stellung hält, spurte ich quer durch Khartum zurück zum „Damah Hotel”. Der Manager desselben weiß erfreulicherweise sofort was ich brauche und lädt mich, Vor dem Eingang zum Sudanesischen Nationalmuseumdie Wartezeit überbrückend, zum Tee ein. Eine weitere Stunde später - kurz vor Ablauf der Öffnungszeit - stehen Thomas und ich zum Viertenmal vor den Beamten der Ausländerbehörden - und endlich sind sie mit dem Stapel beschriebenen und bedruckten Papier, den wir übergeben, zufrieden. Die zu entrichtende Bearbeitungsgebühr erweist sich als extrem deftig: Zusammen sollen wir 16000 Dinar (ca. 65 €) entrichten ! Das ist unverschämt und zwingt uns zudem, ein weiteres Mal durch die hitzeflirrenden Straßen der Stadt zu hetzen,Widderstatue im Sudanesischen Nationalmuseum um Bargeld zu wechseln ! (Kreditkarten und Reisechecks werden im Sudan nirgendwo akzeptiert.)
Das Nationalmuseum an der Sharia al-Nil ist die verhältnismäßig leicht zu findende Adresse für den Erwerb der Besuchserlaubnis aller entlang des Nils befindlichen archäologischen Stätten des Sudan. Wie wir hier erfahren, wurden im letzten Jahr die (bis dato ziemlich idiotischen) Regelungen für die Besichtigung der Örtlichkeiten gelockert, so dass wir die notwendigen Tickets jeweils vor Ort kaufen können. Logisch, dass wir die Gelegenheit gleich nutzen, einen Blick in den weitläufigen Museumskomplex zu werfen (Eintritt: preiswerte 100 Dinar = 0,40 €). Es gibt Exponate aus der Zeit der Königreiche von Kusch und Kerma, einige Kolossalstatuen sowie Fragmente nubischer Tempel zu bestaunen, doch Alles in Allem ist die Ausstellung - verglichen mit dem ägyptischen Pendant - eher bescheiden.

Bunte Scheine: eine Auswahl sudanesischer Banknoten16. April 2007  (Mo)
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Genervt von der Hatz durch die Behörden beschließen wir, alle weiteren Ämter samt ihrer Stempel und Formulare zu ignorieren (hoffend, dass wir auch ohne die noch fehlenden Permits unsere Ziele im Lande erreichen) und Khartum schnellstmöglich den Rücken zu kehren. Mit einem Taxi gelangen wir zum nördlichen Busbahnhof im Stadtteil Bahri (ausgehandelter Fahrpreis 1200 Dinar – ca. 4,90 €). Am Fahrkartenschalter bekommen wir zum ersten Mal die Tücken des chaotischen sudanesischen Währungssystems zu spüren: Es gibt alte (in den nördlichen Provinzen des Sudans inzwischen ungültige) Sudanesische Pfund (SDP), Unterwegs nach Meroe: Auf dem Busbahnhof von BahriSudanesische Dinar (SDD) sowie neue Sudanesische Pfund (SDG) in unterschiedlichen Scheinen und Münzen (1000 SDP = 100 SDD = 1 SDG bei 1 € ≈ 2,46 SDG - Stand: April 2007). Händler verschlucken bei Preisangaben gerne die Währungsbezeichnung und lassen oft auch noch die Tausenderstellen weg. (Die Antwort „10” auf die Frage nach dem Preis könnte also 10 Dinar, 10 neue Sudanesische Pfund (= 1000 Dinar) oder auch 10 Tausend Dinar bedeuten !) Für Sudanesen stellt das kein großes Problem dar - sie kennen das gängige Preisgefüge. Für uns bedeutet dies jedoch ein andauerndes Rätselraten um den Wert der Waren bzw. Dienstleistungen. Die meisten Händler erweisen sich als ehrlich, doch Schwarze Schafe gibt es - wie überall in der Welt - auch im Sudan: Meine Frage nach dem Fahrpreis bis Meroe wird von einem der Ticketverkäufer lapidar mit „2300” beantwortet. Noch nicht ganz sicher im Umgang mit der verwirrenden Vielfalt sudanesischer Banknoten Unterwegs nach Meroe: Umsteigen in Atbaraund völlig unwissend in Sachen Beförderungsentgelt, blättere ich nach und nach immer mehr Geldscheine hin - fast alles neue Sudanesische Pfund - und der Kassierer nimmt sie ohne mit der Wimper zu zucken entgegen. Atemberaubend schnell leert sich unser Reiseportemonnaie. Das macht mich stutzig; hatten wir doch gestern erst 200 € getauscht. Soviel kann eine Busfahrt hierzulande einfach nicht kosten ! Von anderen Passagieren werden wir aufgeklärt: Das Ticket kostet 2300 Dinar (SDD) oder 23 Sudanesische Pfund (SDG) - also rund 9,35 €. Empört nehme ich dem Kassierer die zuviel gezahlten Banknoten wieder ab !
Die Busfahrt nach Norden führt direkt in die Wüste. Eine erstaunlich gut geteerte Straße folgt weitgehend dem Verlauf des Nils. Busse fahren erst, wenn sie wirklich voll besetzt sindRechterhand häufen sich Sand und Steine bis an den hitzeflirrenden Horizont, links windet sich - mal näher, mal weiter in der Ferne - das schmale Band aus staubigem Grün, welches den Verlauf des großen Stroms markiert. Stundenlange ändert sich an diesem Bild fast nichts. Mehrfach müssen wir Kontrollposten des sudanesischen Militärs passieren. Die damit verbundenen Aufenthalte könnte man fast schon als willkommene Abwechslung bezeichnen, Beduine in der Nubischen Wüstemüssten wir - als einzige ausländische Passagiere - dabei nicht jedes Mal aussteigen, um in winzigen stickigen Baracken Formulare auszufüllen, die wir in ähnlicher Art schon mehrfach in Khartum bekritzelt haben. Gute vier Stunden nach unserer Abfahrt passieren wir einen auffälligen Bergrücken, auf dem ganz eindeutig Pyramidenbauten zu erkennen sind. Aufgeregt frage ich den Fahrer, der keinerlei Anstalten macht anzuhalten, ob dies nicht Meroe - unser Ziel - sei. Nein, bis dahin ist es noch weit, lautet die knappe Antwort. Als wir weitere drei Stunden später die Stadt Atbara erreichen wird uns klar, dass irgendetwas furchtbar schief gelaufen ist.
Eigenartigerweise will uns jeder, den wir nach einer Busverbindung Richtung Meroe fragen, weiter in den Norden schicken. Auch wenn unsere Informationen über den Sudan sehr lückenhaft sind, eines wissen wir ganz genau: Ankunft in MeroeDas Pyramidenfeld von Meroe befindet sich ein ganzes Stück südlich von Atbara ! Das Missverständnis klärt sich schließlich auf: Es gibt eine Stadt am Unterlauf des Nils, deren Name „Merowe” dem der Ausgrabungsstätte extrem ähnlich klingt. Zudem bezeichnen die Einheimischen das uns als „Meroe” bekannte Gebiet meist nach dem in der Nähe gelegenen Dorf „Bajarawiya”. Mit diesem Wissen ist es schlussendlich kein großes Problem mehr, eine Mitfahrgelegenheit in die richtige Richtung zu finden ...
Im letzten Licht der untergehenden Sonne erreichen wir erneut die Stelle, die wir vor Stunden bereits einmal passiert haben: Die Pyramiden von Meroe - Grabmale der Herrscher von Kuschden von der Hauptstraße zwischen Khartum und Atbara recht gut zu sehenden, von Pyramiden gekrönten Bergrücken inmitten der Nubischen Wüste. Die von uns im Vorfeld der Reise als einfach eingestufte erste Etappe endet letztlich als abenteuerliche Kreuzfahrt in Bussen und Motorrikschas, auf der Ladefläche eines Pickups und ganz zum Schluss auf Schusters Rappen im heißen, lockeren Wüstensand. Doch das Ergebnis zählt: Trotz aller Widrigkeiten sind wir am Ziel angekommen. Unser Zelt errichten wir am Rande des Wadi Tarabil, eines kleinen Talkessels unmittelbar vor den spitz aufragenden Pyramiden - den weithin sichtbaren Grabstätten der „Schwarzen Pharaonen”. Was für ein außergewöhnlicher Platz !

Sonnenaufgang über dem Wadi Tarabil17. April 2007  (Di)
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Die erste Nacht in der Wüste geht ohne nennenswerte Ereignisse zuende. Wie ein glühendroter Feuerball steigt die Morgensonne über die östlichen Hügel samt den darauf erbauten Pyramiden. Ein grandioses Schauspiel ! Noch während wir das Zelt abbauen erscheinen - wie aus dem Nichts - Kamelreiter im Wadi. Ohne lang zu zögern gesellen sich die Beduinen zu uns, um nach dem „Woher” und „Wohin” zu fragen. Um einiger guter Fotos Willen nehmen wir das Angebot der Wüstensöhne, unser Gepäck auf dem Rücken der Kamele weiter ins Pyramidenfeld transportieren zu lassen, an und bedanken uns mit einer Einladung zum gemeinsamen Frühstück: Ein Blick aus unserem Zelteinige Müsli-Riegel und ein paar Schlucke Wasser. Eine knappe Stunde später haben wir das Terrain wieder für uns alleine.
Den ersten Rundgang durch die gigantische Ansammlung antiker Grabmale absolvieren wir am zeitigen Vormittag. Noch steht die Sonne tief und die Temperatur ist halbwegs erträglich. Deutlich kleiner als ihre weltberühmten Gegenstücke in ÄgyptenAegypten stehen die Pyramiden von Meroe gleich Dutzendweise dicht an dicht im Sand der Nubischen Wüste. Spitz ragen sie in den wolkenlos blauen Himmel; uralt, einsam und vollkommen verlassen. Sanddünen unweit von MeroeGrabräuber haben einige der Bauten schwer beschädigt, andere wurden (wie einer kleinen Gedenktafel zu entnehmen ist) von deutschen Archäologen Ende der 70er Jahre aufwendig rekonstruiert. Torbauten und kleine Totentempel aus Sandstein oder Ziegeln bilden Vorhöfe zu etlichen der Pyramiden - die Wände stellenweise mit Reliefs aus der ägyptisch-nubischen Götterwelt geschmückt. Einige der Vorkammern stehen offen und bieten uns zwischenzeitlich Schutz vor der beständig erdrückender werdenden Sonnenglut. Die Außenwände der Bauwerke sind bizarr schraffiert; von Wind und Sand im Laufe der Jahrtausende unzählige Male geschliffen und poliert.
Mittagszeit: Als gleißend grelle Scheibe steht die Sonne im Zenit; 50,9°C - und nirgendwo ist Schatten !brennt erbarmungslos heiß auf alles herab, was nicht irgendwo unter Steinen oder Sand Schutz gefunden hat. Schatten gibt es nur, soweit die Krempen unserer Hüte reichen. Mein kleines Armbandthermometer zeigt irrsinnige 51°C an ! Und schon macht sich ein erstes grobes Manko in unsrer Reisevorbereitung bemerkbar: Wir haben viel zuwenig Wasser mit in die Wüste genommen. Mehr als fünf 1,5-Liter-Flaschen ließen sich aus eigner Kraft zusätzlich zu unsrer eh schon gewichtigen Ausrüstung nicht transportieren - und irgendwie waren wir stillschweigend davon ausgegangen, dass an einer so bedeutenden archäologischen Ausgrabungsstätte wie Meroe Händler mit - Pyramiden der nördlichen Gruppewenn schon nicht gekühlten, so doch wenigstens mit irgendwelchen Getränken präsent seien müssten. Pustekuchen ! Außer uns ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Schon jetzt ist knapp die Hälfte unserer Wasservorräte aufgebraucht, und Thomas zeigt bereits erste Anzeichen von Erschöpfung. Just als wir den Beschluss fassen, unseren Aufenthalt in Meroe vorzeitig abzubrechen, erscheint von - woher auch immer - doch noch eine Gestalt im weißen Kaftan zwischen den Pyramiden. Relief an der Ruine eines GrabtempelsWie sich zeigt ist es kein Händler, sondern der Wächter bzw. Verwalter des Gebiets, der eigentlich nur gekommen ist, die staatlich verordneten 10 US$ Eintrittsgebühr zu kassieren. Um die üblichen Formulare auszufüllen werden wir in eine Baracke am Rande des Pyramidenfelds gebeten und - es lebe die arabische Gastfreundschaft - zu Tee mit Minze eingeladen.
Den Nachmittag verbringe ich alleine zwischen Wüstensand und Pyramiden. Thomas zieht den Schatten der Wächterbaracke der gleißenden Wüstensonne vor. Auch mich kostet es gewaltige Überwindung, die kleine stickige Hütte wieder zu verlassen, doch die Neugier ist größer als die Vernunft: Noch gibt es viel da draußen, zwischen all den Pyramiden, zu entdecken ! Im Inneren eines GrabtempelsHeiß wie aus einem Backofen, schlägt mir die Luft beim Öffnen der Tür entgegen. Der aufgeheizte Sand reflektiert flirrend die Hitze und lässt gewaltige Luftspiegelungen entstehen. Plötzlich wirkt die Wüste wie ein weites flaches Gewässer aus dem Pyramiden und größere Steine wie kleine Inseln herausragen !
Eine unangenehme Überraschung erwartet mich bei unseren Kraxen. Früh morgens hatten wir diese in den Schatten eines der Grabmale gelegt. Nun stehen sie (wahrscheinlich schon seit Stunden) inmitten der Sonnenglut. Die schwarzen Außengestellrahmen haben sich inzwischen derart aufgeheizt, dass ich mir beim Versuch, die Teile in den Schutz eines offenen Totentempels zu tragen, die Finger verbrenne !
Eine gute Stunde vor Sonnenuntergang belebt sich die Szenerie plötzlich: Kinder und Jugendliche strömen in den Wadi - und auch Thomas taucht wieder auf. Wie wir bald erfahren ist Meroe ein beliebter Treffpunkt für frisch Verliebte. Kinder im Schatten der PyramidenHier, inmitten der Wüste und fernab der gestrengen Blicke islamischer Sittenwächter, hat so mancher Sudanese sein erstes Rendezvous. Dass es dabei nicht allzu zügellos zugeht, dafür sorgen die mitgereisten Kinder, die mit viel Geschrei die Aktivitäten der jungen Paare kommentieren.
1830 Uhr - ebenso spektakulär wie sie frühmorgens aufgegangen ist, geht die Sonne wieder unter. Den spitzen Zähnen eines gewaltigen Raubtiers gleich heben sich die Silhouetten der westlichen Pyramidengruppe gegen einen orangerot leuchtenden Himmel ab. Nach und nach leert sich das Areal. Sonnenuntergang in MeroeSittsam laufen die Pärchen zurück Richtung Straße, gefolgt von der lärmenden Kinderschar. Mit Einbruch der Nacht gehört das Pyramidenreich wieder uns alleine. Im Licht unserer Stirnlampen bauen wir das Zelt auf und entfachen den Kocher. Von den uns umgebenden Grabmalen künden nur noch dunkle Umrisse vor einem grandiosen Sternenhimmel. Sand und Steine beginnen die tagsüber gespeicherte Hitze langsam abzustrahlen, so dass es nur ganz allmählich kühler wird. Bei Tee, Fladenbrot und Ziegenkäse sitzen wir noch lange auf einer der Pyramiden und genießen die exotische Atmosphäre ...

18. April 2007  (Mi)
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Unser Zeltplatz im Licht der MorgensonneRot scheinen die steil aufragenden Wände der Pyramiden im Licht der Morgensonne zu erglühen. Ohne unnütz Zeit zu vertrödeln brechen wir unser Lager im Wadi Tarabil ab und begeben uns auf den Rückweg Richtung Straße. Am Rande des Pyramidenfeldes treffen wir auf einen Beduinen, der sich für 300 Dinar (etwa 1,20 €) gern bereit erklärt, unsere Kraxen auf seinem Kamel zu transportieren. Bis zur Straße nach Atbara ist es nicht allzu weit. Per Anhalter wollen wir dort unser Glück versuchen - hoffend, dass diese Art der Fortbewegung hierzulande bekannt und akzeptiert ist. Schnell zeigt sich, dass unsere diesbezüglichen Bedenken vollkommen unbegründet sind, Aufbruch - Abschied von Meroedenn schon das erste Fahrzeug auf der alles andere als dicht befahrenen Trasse hält an, um uns mitzunehmen. Auf der offenen Ladefläche des LKWs sitzen bereits fünf Mitfahrer auf Getreidesäcken: Araber in blütenweißen Dschellabiyas (kaftanartige lange Obergewänder), die uns wortreich an Bord begrüßen. Beim Anblick der blitzsauberen Gewänder der Einheimischen stellt sich mir zum wiederholten mal die Frage, wie sie es schaffen, in einem so heißen staubigen Land, allzeit sauber und gepflegt auszusehen !? Wir jedenfalls sind von der Schuhspitze bis zu den Haaren dick mit feinem roten Staub bedeckt ! Die Fahrt auf dem LKW ist angenehm - der Fahrtwind kompensiert prächtig die schon längst wieder herrschende Tageshitze Auf dem LKW nach Atbaraund die Schaukelei lässt uns bald eindösen ...
Schneller als erwarten erreichen wir Atbara, die Stadt der wir vor zwei Tagen schon einmal unfreiwillig einen kurzen Besucht abgestattet hatten. Der Fahrer des LKWs setzt uns mitten im Zentrum ab. Kaum haben unsere Füße den staubigen Boden Atbaras berührt, kommen auch schon die ersten Bewohner herbeigeeilt, uns zu begrüßen, herzlich die Hände zu schütteln und die allerorts so beliebten Fragen nach dem Woher und Wohin zu stellen. Eh wir uns versehen sind wir zum Tee und schließlich sogar zum Essen eingeladen !
Die Suche nach einer Unterkunft erweist sich als schwierig: Es gibt nur wenige Herbergen in der Stadt. Arabische Gastfreundschaft: Imbiss in AtbaraDie meisten davon sind zudem bereits durch sudanesische Reisende belegt. Schließlich mieten wir uns in einem kleinen, arg heruntergekommenen Hotel unweit des Gemüsemarktes ein. Das Zimmer ist schmutzig und die Gemeinschaftstoilette widerlich - aber was soll’s, wir benötigen das Quartier ja nur für eine Nacht. Immerhin bekommen wir - auf wiederholte Nachfrage beim Hoteleigner - frische Bettlaken ausgehändigt ...
Den Rest des Tages verbringen wir auf dem Basar von Atbara. Kaffeeröster auf dem Basar von AtbaraAuf einem weiten Areal im Stadtzentrum haben sich zahllose Händler kleine hölzerne Stände eingerichtet oder bieten ihre Waren direkt vom Erdboden feil. Provisorische Dächer aus Leinentüchern schützen vor der stechenden Sonne. Eselskarren dienen als universelles Transportmittel. Zu kaufen gibt es fast alles: frisches Obst und Gemüse, Fladenbrot und andere Lebensmittel, Gewürze, Haushaltwaren, Kleidung, Schuhe und vieles mehr. Überall werden wir freundlich begrüßt, mehrfach sogar zu Tee oder Kaffee eingeladen. Auch an Fotomotiven mangelt es nicht: hier ein Eselskarren voller Eier, dort ein Obststand mit kunstvoll zu Pyramiden gestapelten Orangen und an der nächsten Ecke ein Kaffeeröster, der die aromatischen Bohnen in einer Blechtonne über offenem Feuer zubereitet ...

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Bericht: Heiko Otto
April 2007       

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1x1 Kontakt 1x11x1 Impressum 1x11x1 Spende 1x1 © 2007 by Heiko Otto  •  OSE Gera / Erfurt 1x1
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Das „Damah Hotel” mit Waschbecken auf dem Balkon Das „Damah Hotel” mit Waschbecken auf dem Balkon Pilger vor dem Grab des Mahdi in Omdurman Das Grab des Mahdi in Omdurman Sehr schwer zu finden: die Ausländer-Meldestelle Sehr schwer zu finden: die Ausländer-Meldestelle Unterwegs nach Meroe: Umsteigen in Atbara Unterwegs nach Meroe: Umsteigen in Atbara Ankunft in Meroe Ankunft in Meroe Die Pyramiden von Meroe - Grabmale der Herrscher von Kusch Die Pyramiden von Meroe - Grabmale der Herrscher von Kusch Sonnenaufgang über dem Wadi Tarabil Sonnenaufgang über dem Wadi Tarabil Ein Blick aus unserem Zelt Ein Blick aus unserem Zelt Sanddünen unweit von Meroe Sanddünen unweit von Meroe 50,9°C - und nirgendwo ist Schatten ! 50,9°C - und nirgendwo ist Schatten ! Pyramiden der nördlichen Gruppe Pyramiden der nördlichen Gruppe Im Inneren eines Grabtempels Im Inneren eines Grabtempels Unser Zeltplatz im Licht der Morgensonne Unser Zeltplatz im Licht der Morgensonne Aufbruch - Abschied von Meroe Aufbruch - Abschied von Meroe Auf dem LKW nach Atbara Auf dem LKW nach Atbara Kaffeeröster auf dem Basar von Atbara Kaffeeröster auf dem Basar von Atbara